31/7/2023

Rabiat: Ackern oder aufgeben. Bauernhöfe vor dem Aus?

Arbeiten in der Landidylle, Tiere pflegen, viel Draußen sein: Klingt nach Erholung und Stressabbau, doch tatsächlich entwickelt sich der Traum vom eigenen Bauernhof für viele Landwirte und Landwirtinnen immer mehr zum Albtraum. Im Schnitt schließen in Deutschland täglich zehn Höfe. Vor allem Familienbetriebe stehen unter gewaltigem Druck.

Jetzt schon die Reportage „Ackern oder aufgeben. Bauernhöfe vordem Aus?“ in der ARD Mediathek sehen.

(Alb)traum vom Bauernhof

Rabiat Reporterin Elisa Luzius ist selbst auf einem Hof aufgewachsen: Dem Schauferts-Hof in Rheinland-Pfalz. Der Gedanke selbst Bäuerin zu werden war zwar da, wurde aber schnell verworfen. Übernommen hat den Familienbetrieb mit 40 Milchkühen und 400 Legehennen ihr Bruder Ansgar.

Kaum Zeit für die Familie, kaum Geld, Arbeiten am Wochenende, bei jedem Wetter, im Krankheitsfall.

Hört sich nicht nach einem Traumjob an? Für viele Landwirte und Landwirtinnen ist das Alltag. Deshalb zweifelt zunächst auch Landwirt Ansgar, zieht für drei Jahre in die Stadt, um Sportwissenschaften zu studieren. Doch sein Herz hängt an der Landwirtschaft.

Die Tragik ist ja, dass ich es ja super gerne mache. Den Job mache ich sehr gerne, aber man kann natürlich mit anderen Berufen viel einfacher mehr Geld verdienen. Das alles aufzugeben, wenn‘s nicht klappt, ist ganz furchtbar. 
Ansgar ist als Nachfolger auch für die Altersvorsorge der älteren Generation verantwortlich

Der Wunsch nach ökologischer Landwirtschaft

Dass es keine einzelnen Stimmen sind, sondern einen Großteil der Betriebe betrifft, sieht man auch an der Geschichte von Anja und ihrer Familie. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie sich vor acht Jahren einen Traum erfüllt: artgerechte Tierhaltung, ökologische Lebensmittelproduktion, so, wie viele sich die Landwirtschaft wünschen. In den letzten Jahren haben sie zusätzlich eine Käserei aufgebaut und halten mehr als 40 Milchkühe mit Kälbern und rund 20 Fleischbullen auf der Weide. Doch sie stehen kurz vor dem Aus.

Ich habe gemerkt, dass meine Füße sich so anfühlen, als wären da riesige Lehmklumpen dran. Ich kam einfach nicht mehr voran. Mein Körper hat schon noch funktioniert und ich wusste ich kann jetzt hier laufen, aber ich habe gemerkt, dass ich eigentlich keine Kraft mehr habe. 

Anja ist Bäuerin und besitzt eine Käserei und ist für 40 Milchkühe und deren Kälber verantwortlich

Anja und ihr Mann suchen eine*n Nachfolger*in für ihren Hof. In den letzten Jahren ist zu viel dazugekommen. Jetzt haben sie eine Million Schulden, keine Mitarbeitenden für den Hof, keine Freizeit und zu wenig Menschen, die bereit sind, für Fleisch und Milch mehr zu zahlen. Wenn es nicht mehr weiter geht, sie niemanden finden, der den Hof übernehmen kann, müssen sie bald Insolvenz anmelden.  

Aber es gibt auch die, die noch Hoffnung und Mut haben.  

Aus der Tabuzone heraus

Niklas Engbring ist Chef mit 22 Jahren und führt den Familienbetrieb in der 14. Generation. Sein Hof ist ein Milchviehbetrieb mit 130 Kühen und deren Kälbern.

Niklas möchte das Thema Suizid aus der Tabuzone holen. Vor drei Jahren nahm sich sein Vater das Leben. Stress, finanzieller Druck, keine Hilfe. Im Sommer 2020 hat er keinen Ausweg mehr gesehen. Niklas war damals noch in der Lehre und von heute auf morgen verantwortlich für alles: die Kühe, die Kälber und den ganzen Hof.

Im Grunde steht Niklas vor den gleichen Herausforderungen wie sein Vater. Doch er ist noch jung und zuversichtlich.

[…] Jetzt erst recht. Dann zeige ich dir halt, wie wir es jetzt machen und wie es weitergeht. Und mit dem Ehrgeiz bin ich da auch dabei. Ich bin da auch voller Optimismus, aber es muss dann auch irgendwo wertgeschätzt werden vom Verbraucher und von der Politik. Also ich geb gerne viel, aber es muss auch so langsam was zurückkommen. 
Niklas führt mit 22 Jahren den Milchviehbetrieb seiner Familie weiter

Die Krisenhotline für Landwirte und Landwirtinnen bestätigt die Probleme, die viele Landwirte und Landwirtinnen plagen und was Niklas und seine Familie erfahren mussten. Mittlerweile gehen 30 bis 40 Anrufe pro Woche ein.

Die Reportage „Rabiat: Ackern oder aufgeben. Bauernhöfe vor dem Aus?“ gibt es jetzt schon in der ARD Mediathek oder läuft am 31.07. um 23:10 Uhr auf Das Erste.

In der aktuellen Staffel Rabiat bereits zu sehen:

Ackern oder aufgeben. Bauernhöfe vor dem Aus? – von Elisa Luzius

Das brutale Geschäft mit der Holzmafia – von Johannes Musial